Speiseröhrenkrankheiten
Traktionsdivertikel
Pulsionsdivertikel
funktionelle Stenosen der Speiseröhre
Pulsionsdivertikel
organische Stenosen der Speiseröhre
Refluxkrankheit der Speiseröhre
Entfernung maligner Speiseröhrentumor
Speiseröhrenersatz
Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürsleiden
chronische Gastritis
Reizmagen
Teilentfernung des Magens
Totalentfernung des Magens
Entfernung maligner Magentumor
chronische Darmstörungen
irritabler Darm
Divertikulose
Divertikulitis
Darmteilresektion
Motilitätsstörungen des Darmes
Hirschsprung-Krankheit
neuronale Dysplasie
Kurzdarmsyndrom im Kindesalter
Colitis ulcerosa
Crohn-Krankheit
Zöliakie, Sprue
Entfernung maligner Darmtumoren
Bauchfellverwachsungen
Hämorrhoiden
Mastdarmvorfall
Afterschließmuskelschwäche
Funktionsverlust Afterschließmuskel
Stuhlinkontinenz
Fistel in der Umgebung des Afters
künstlicher After (Anus praeter, Stoma)
chronische Hepatitis
Fibrose der Leber
Leberzirrhose
Fettleber
Entfernung maligner Lebertumor
Lebertransplantation
primäre biliäre Zirrhose
primäre sklerosierende Cholangitis
Gallenblasen- und Gallenwegskrankheiten
Transportstörungen der Galle
10.1 Speiseröhrenkrankheiten
Traktionsdivertikel
je nach Größe und Beschwerden
Pulsionsdivertikel
ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme je
nach Größe und Beschwerden.
mit erheblicher Behinderung der Nahrungsaufnahme je
nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand
Funktionelle Stenosen der Speiseröhre (Ösophagospasmus, Achalasie)
ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme
Pulsionsdivertikel
mit deutlicher Behinderung der Nahrungsaufnahme
mit erheblicher Beeinträchtigung des Kräfte- und
Ernährungszustandes, häufige Aspiration
50-70
Auswirkungen auf Nachbarorgane (z.B. durch Aspiration) sind
zusätzlich zu bewerten.
Organische Stenose der Speiseröhre
(z.B. angeboren, nach Laugenverätzung, Narbenstenose, peptische Striktur)
ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme je
nach Größe und Beschwerden
mit deutlicher Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach
Auswirkung (Einschränkung der Kostform, verlängerte Essdauer)
mit erheblicher Beeinträchtigung des Kräfte- und
Ernährungszustandes.
50-70
Auswirkungen auf Nachbarorgane (z.B. durch Aspiration) sind
zusätzlich zu bewerten.
Refluxkrankheit der Speiseröhre
mit anhaltenden Refluxbeschwerden je nach Ausmaß
10-30
Auswirkungen auf Nachbarorgane sind zusätzlich zu
bewerten.
N ach Entfernung eines malignen Speiseröhrentumors
ist in den
ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. GdS
während dieser Zeit
je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes..)
80-100
Speiseröhrenersatz
Der GdS ist nach den Auswirkungen (z.B. Schluckstörungen,
Reflux, Narben) jedoch nicht unter 20 zu bewerten.
10.2 Magen- und Darmkrankheiten
Bei organischen und funktionellen Krankheiten des Magen-Darmkanals ist der
GdS nach dem Grad der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, der Schwere
der Organstörung und nach der Notwendigkeit besonderer Diätkost zu beurteilen.
Bei allergisch bedingten Krankheiten ist auch die Vermeidbarkeit der Allergene von
Bedeutung.
10.2.1 Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürsleiden
(chronisch rezidivierende Geschwüre, Intervallbeschwerden)
mit Rezidiven in Abständen von zwei bis drei Jahren
mit häufigeren Rezidiven und Beeinträchtigung des
Ernährungs- und Kräftezustandes
mit erheblichen Komplikationen (z.B. Magenausgangsstenose)
und andauernder erheblicher Minderung des Ernährungs- und
Kräftezustandes.
Nach einer selektiven proximalen Vagotomie kommt ein GdS nur in Betracht,
wenn postoperative Darmstörungen oder noch Auswirkungen des Grundleidens
vorliegen.
Leitsätze
Zollinger-Ellison-Syndrom
Bei einem gutartigen Tumor aufgrund eines Zollinger-Ellsion-Syndroms kommt eine analoge Bewertung nach Teil B 10.2.2 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze in Betracht. Darüber hinaus ist der GdB nach dem Grad der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, der Schwere der Organstörung und der Notwendigkeit besonderer Diätkost zu beurteilen (B 10.2.1).
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat
26.03.2013
L 7 SB 4/09
Chronische Gastritis (histologisch gesicherte Veränderung
der Magenschleimhaut)
Reizmagen (funktionelle Dyspepsie)
Teilentfernung des Magens, Gastroenterostomie
mit guter Funktion, je nach Beschwerden
mit anhaltenden Beschwerden (z.B. Dumping-Syndrom,
rezidivierendes Ulcus jejuni pepticum)
Totalentfernung des Magens
ohne Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes
je nach Beschwerden
bei Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes
und/oder Komplikationen (z.B. Dumping-Syndrom)
Nach Entfernung eines malignen Magentumors
ist eine Heilungsbewährung
abzuwarten.
GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren
nach Entfernung eines Magenfrühkarzinoms
GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren
nach Entfernung aller anderen malignen Magentumoren je
nach Stadium und Auswirkung auf den Allgemeinzustand
10.2.2 Chronische Darmstörungen (irritabler Darm, Divertikulose,
Divertikulitis, Darmteilresektion)
ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen
mit häufigeren Rezidiven und Beeinträchtigung des
Ernährungs- und Kräftezustandes..
mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden
Symptomen (z.B. Durchfälle, Spasmen)
mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes
Angeborene Motilitätsstörungen des Darmes (z.B. Hirschsprung-
Krankheit, neuronale Dysplasie)
ohne wesentliche Gedeih- und Entwicklungsstörung
mit geringer Gedeih- und Entwicklungsstörung
mit mittelgradiger Gedeih- und Entwicklungsstörung
GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren
nach Entfernung eines Magenfrühkarzinoms
mit schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung
Kurzdarmsyndrom im Kindesalter
mit mittelschwerer Gedeih- und Entwicklungsstörungg
mit schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung
(z.B. Notwendigkeit künstlicher Ernährung)
Colitis ulcerosa, Crohn-Krankheit (Enteritis regionalis)
mit geringer Auswirkung (geringe Beschwerden, keine oder
geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes,
selten Durchfälle)
mit mittelschwerer Auswirkung (häufig rezidivierende oder
länger anhaltende Beschwerden, geringe bis mittelschwere
Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes,
häufiger Durchfälle)
mit schwerer Auswirkung (anhaltende oder häufig rezidivierende
erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des
Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche
Durchfälle)
mit schwerster Auswirkung (häufig rezidivierende oder anhaltende
schwere Beschwerden, schwere Beeinträchtigung des Kräfte- und
Ernährungszustandes, ausgeprägte Anämie)
Fisteln, Stenosen, postoperative Folgezustände (z.B. Kurzdarmsyndrom,
Stomakomplikationen), extraintestinale Manifestationen (z.B. Arthritiden), bei
Kindern auch Wachstums- und Entwicklungsstörungen, sind zusätzlich zu
bewerten.
Leitsätze
Morbus Crohn | Colitis ulcerosa
1. Die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) zur Bestimmung des Grades der Behinderung (GdB) für einen Morbus Crohn aufgeführten Auswirkungen stellen lediglich Regelbeispiele dar, die weder kumulativ vorliegen müssen noch abschließend sind (Anschluss an LSG Essen vom 13.6.2014 - L 13 SB 371/13 und LSG Chemnitz vom 25.5.2005 - L 6 SB 55/04). Auch in den Regelbeispielen nicht explizit aufgeführte Beeinträchtigungen durch den Morbus Crohn können bei der Bemessung des GdB berücksichtigt werden.
2. Kann bei Vorliegen eines Morbus Crohn eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes nicht festgestellt werden, führt dies nicht ausnahmslos dazu, dass maximal ein GdB von 40 angenommen werden kann (Anschluss an LSG München vom 25.4.2018 - L 2 SB 199/17).
Landessozialgericht Baden-Württemberg
L 3 SB 3164/23
26.06.2024
Ob die Regelbeispiele in Ziff 10.2.2 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze alternativ oder kumulativ vorliegen müssen, dürfte entsprechend einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales als Verordnungsgeber dahingehend zu beantworten sein, dass es sich um nicht abschließende Beispiele handelt, wobei der Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes eine nicht unerhebliche Bedeutung zukommt, letztlich aber eine Gesamtbetrachtung entscheidend sein dürfte.
Wenn eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes nicht vorliegt, ist ein Einzel-GdB von 40 als absoluter Höchstwert anzunehmen (Bayerisches LSG, Urteil vom 25. April 2018 – L 2 SB 199/17). Bei der Frage der Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes wird teilweise Übergewicht als Kriterium gegen eine solche Minderung herangezogen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16), insbesondere in Verbindung mit einem attestierten guten Allgemeinzustand (LSG Baden-Württemberg, a. a. O.). Bei gutem Allgemeinzustand kann auch ein schlanker Ernährungszustand im noch normalgewichtigen Bereich der Annahme einer Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes entgegenstehen (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. Juni 2010 – L 7 SB 8/05) und teilweise wird darüber hinaus bereits ein Gewicht im leicht untergewichtigen Bereich gegen eine Minderung des Ernährungszustandes angeführt (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17. Dezember 2013 – L 3 SB 44/09). Nach einer Entscheidung des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 21. März 2013 – L 6 SB 446/13) ist es zudem nicht zulässig, allein aus einem leichten Untergewicht eine Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes herzuleiten.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat
24.02.2021
L 13 SB 83/18
Eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes ist keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Morbus Crohn mit schwerer Auswirkung.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat auf Anfrage des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen eine Stellungnahme zur Auslegung von Teil B, Ziffer 10.2.2 VMG abgegeben. Danach sind die in Teil B, Ziffer 10.2.2 VMG aufgeführten Symptome als Regelbeispiele zu verstehen und nicht abschließend (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 2014 – L 13 SB 371/13)
Schon eine bestehende Therapiebedürftigkeit mit Adalimumab (Humira©) in Verbindung mit der immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin führt dazu, dass von einem Morbus Crohn mit schwerer Auswirkung ausgeht. Denn aufgrund der nicht selten auftretenden schweren Nebenwirkungen einer TNF-alpha-Therapie besteht die Zulassung hierfür nur bei einem aktiven und schwergradigen Morbus Crohn, wie sich aus der Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“ (Ergebnisse einer Evidenz-basierten Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten zusammen mit dem Kompetenznetz chronisch entzündliche Darmerkrankungen) aus dem Jahr 2008 ergibt
SG Hannover 25. Kammer
  24.07.2014  
  S 25 SB 556/12
Persistierende Durchfälle, die im Durchschnitt dreimal täglich, zu Spitzenzeiten bis zu siebenmal täglich, aber auch unter ausreichender Behandlung nur einmal täglich auftreten können und teilweise mit Analspasmen und Schmerzen im Analbereich, einer leichten Inkontinenz sowie einem Analekzem verbunden sind, können mit einem GdB von 40 bewertet werden, auch wenn keine Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes vorliegt.
Bayerisches Landessozialgericht 2. Senat
  25.04.2018 
  L 2 SB 199/17
Rechtsprechung GdB
Morbus Crohn | Colitis ulcerosa
Für den Ansatz eines GdB von 30 statt 40 sprechen in der Gesamtschau die langen schubfreien Phasen und eben die Tatsache, dass auch innerhalb der Schübe ein wechselndes Beschwerdebild vorliegt. So hat die Klägerin im Hinblick auf den aktuellen Schub für die Zeit von Februar bis zur Darmspiegelung Toilettengänge "nur" alle drei bis vier Stunden angegeben. Der Schub im Jahr 2011 zeigte im Verlauf eine abnehmende Tendenz. Bereits im Aufnahmebefund des Berichtes über den Reha-Aufenthalt von August bis Oktober 2011 war von abklingenden Beschwerden in einem Umfang von 5-10 Stühlen pro Tag die Rede, am Ende der Behandlung nur noch von 2-5 Stühlen pro Tag. Auch hat die Klägerin bei ihrer Anhörung vor dem Senat angegeben, dass sie außerhalb der Schubzeiten teilweise keinen nächtlichen Stuhlgang hat. Zu bedenken ist schließlich, dass die VMG bei der Bewertung einer chronischen Darmstörung (zur Vergleichbarkeit LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.08.2010 - L 7 B 26/09, juris Rn 33) für einen GdB von 40 zwingend eine erhebliche Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes fordern.
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 13. Senat
13.06.2014
L 13 SB 371/13
Zöliakie, Sprue
ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer
Therapie
20
bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten)
sind – je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands –
höhere Werte angemessen.
Nach Entfernung maligner Darmtumoren
ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.
GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren
nach Entfernung eines malignen Darmtumors im Stadium (T1 bis T2)
N0 M0 oder von lokalisierten Darmkarzinoiden
mit künstlichem After (nicht nur vorübergehend
angelegt)
GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren
nach Entfernung anderer maligner Darmtumoren
mit künstlichem After (nicht nur vorübergehend angelegt)
mit schwerster Auswirkung (häufig rezidivierende oder anhaltende
schwere Beschwerden, schwere Beeinträchtigung des Kräfte- und
Ernährungszustandes, ausgeprägte Anämie)
Fisteln, Stenosen, postoperative Folgezustände (z.B. Kurzdarmsyndrom,
Stomakomplikationen), extraintestinale Manifestationen (z.B. Arthritiden), bei
Kindern auch Wachstums- und Entwicklungsstörungen, sind zusätzlich zu
bewerten.
10.2.3 Bauchfellverwachsungen
ohne wesentliche Auswirkung
mit erheblichen Passagestörungen
mit häufiger rezidivierenden Ileuserscheinungen
10.2.4 Hämorrhoiden
ohne erhebliche Beschwerden, geringe Blutungsneigung
mit häufigen rezidivierenden Entzündungen, Thrombosierungen
oder stärkeren Blutungen
Mastdarmvorfall
ohne erhebliche Beschwerden, geringe Blutungsneigung
klein, reponierbardiv
0-10
sonst
Afterschließmuskelschwäche
mit seltenem, nur unter besonderen Belastungen
auftretendem, unwillkürlichem Stuhlabgang
klein, reponierbar
10
sonst
Funktionsverlust des Afterschließmuskels
Leitsätze
Stuhlinkontinenz
Tritt regelmäßig ein unkontrollierter Abgang von weichem Stuhl auf bei deutlich verkürzter Vorwarnzeit und kommt es zeitweise zu Stuhlabgang bevor eine Toilette aufsuchen kann, liegt mehr als ein seltener unwillkürlicher Stuhlabgang vor. Es ist dann ein GdB-Rahmen von 20 - 40 eröffnet.
SG Dortmund 4. Kammer
10.01.2019
S 4 SB 1949/15
Fistel in der Umgebung des Afters
geringe, nicht ständige Sekretion
10
sonst
Künstlicher After (Anus praeter, Stoma)
mit guter Versorgungsmöglichkeit
klein, reponierbardiv
50
sonst (z.B. bei Bauchwandhernie, Stenose, Retraktion, Prolaps,
Narben, ungünstige Position)
60-80
Bei ausgedehntem Mastdarmvorfall, künstlichem After oder stark sezernierenden
Kotfisteln, die zu starker Verschmutzung führen, sind ggf. außergewöhnliche seelische
Begleiterscheinungen zusätzlich zu berücksichtigen.
10.3 Krankheiten der Leber, Gallenwege und Bauchspeicheldrüse
Der GdS für Krankheiten der Leber, der Gallenwege und der Bauchspeicheldrüse
wird bestimmt durch die Art und Schwere der Organveränderungen sowie der
Funktionseinbußen, durch das Ausmaß der Beschwerden, die Beeinträchtigung des
Allgemeinzustandes und die Notwendigkeit einer besonderen Kostform. Der serologische
Nachweis von Antikörpern als Nachweis einer durchgemachten Infektion
(Seronarbe) rechtfertigt allein noch keinen GdS.
10.3.1 Chronische Hepatitis
Unter dem Begriff „chronische Hepatitis“ werden alle chronischen Verlaufsformen
von Hepatitiden zusammengefasst (früher: „chronische Hepatitis ohne Progression“
und „chronische Hepatitis mit Progression“
). Dazu gehören insbesondere die Virus-, die
Autoimmun-, die Arzneimittel- und die kryptogene Hepatitis.
Die gutachtliche Beurteilung einer chronischen Hepatitis beruht auf dem klinischen
Befund einschließlich funktionsrelevanter Laborparameter, auf der Ätiologie
sowie auf dem histopathologischen Nachweis des Grades der nekro-inflammatorischen
Aktivität (Grading) und des Stadiums der Fibrose (Staging). Zusätzlich
sind engmaschige Verlaufskontrollen und die Beachtung der Differentialdiagnose
erforderlich. Dies gilt auch für geltend gemachte Verschlimmerungen im Leidensverlauf.
Der GdS und die Leidensbezeichnung ergeben sich aus der nachfolgenden
Tabelle, wobei bereits übliche Befindlichkeitsstörungen – nicht aber extrahepatische
Manifestationen – berücksichtigt sind.
Chronische Hepatitis
ohne (klinisch-) entzündliche Aktivität
ehemals: chronische Hepatitis ohne Progression
mit geringer (klinisch-) entzündlicher Aktivität
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, gering entzündliche Aktivität
mit mäßiger (klinisch-) entzündlicher Aktivität
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, mäßig entzündliche Aktivität
mit starker (klinisch-) entzündlicher Aktivität
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, stark entzündliche Aktivität
je nach Funktionsstörung
Alleinige Virus-Replikation („gesunder Virusträger“)
bei Hepatitis-C-Virus nur nach histologischem Ausschluss einer Hepatitis.
Die histopathologische Bewertung der chronischen Virushepatitis umfasst die nekroinflammatorische
Aktivität (Grading) und den Grad der Fibrose (Staging). Der GdS
ergibt sich aus folgender Tabelle, wobei die genannten GdS-Werte die üblichen
klinischen Auswirkungen mit umfassen.
Anmerkung:
Die Auswertung des histologischen Befundes soll sich an dem modifizierten histologischen
Aktivitätsindex (HAI) ausrichten. Eine geringe nekro-inflammatorische
Aktivität entspricht einer Punktzahl von 1 bis 5, eine mäßige nekro-inflammatorische
Aktivität einer Punktzahl von 6 bis 10 und eine starke nekro-inflammatorische
Aktivität einer Punktzahl von 11 bis 18. Eine fehlende bzw. geringe Fibrose
entspricht einer Punktzahl 0 bis 2, eine mäßige Fibrose der Punktzahl 3 und eine
starke Fibrose einer Punktzahl von 4 bis 5.
Für die Virushepatitis C gelten bei fehlender Histologie im Hinblick auf die chemischen
Laborparameter folgende Besonderheiten:
ALAT-/GPT-Werte im Referenzbereich entsprechen bei nachgewiesener Hepatitis-
C-Virus-Replikation einer chronischen Hepatitis ohne (klinisch-) entzündliche
Aktivität.
ALAT-/GPT-Werte bis zum 3-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs
entsprechen einer geringen (klinisch-) entzündlichen Aktivität.
ALAT-/GPT-Werte vom 3-fachen bis zum 6-fachen der oberen Grenze des
Referenzbereichs entsprechen einer mäßigen (klinisch-) entzündlichen Aktivität.
ALAT-/GPT-Werte von mehr als dem 6-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs
entsprechen einer starken (klinisch-) entzündlichen Aktivität.
Diese Bewertungen sind nur zulässig, wenn sie sich in das klinische Gesamtbild des
bisherigen Verlaufs einfügen.
10.3.2 Fibrose der Leber ohne Komplikationen
0-10
Leberzirrhose
kompensiert
inaktiv
gering aktiv
stärker aktiv
dekompensiert (Aszites, portale Stauung,
hepatische Enzephalopathie)
10.3.3 Fettleber (auch nutritiv-toxisch) ohne Mesenchymreaktion
0-10
Toxischer Leberschaden
Der GdS ist je nach Aktivität und Verlauf analog zur chronischen Hepatitis
oder Leberzirrhose zu beurteilen.
Zirkulatorische Störungen der Leber (z.B. Pfortaderthrombose)
Der GdS ist analog zur dekompensierten Leberzirrhose zu beurteilen
Nach Leberteilresektion ist der GdS allein davon abhängig, ob und wieweit
Funktionsbeeinträchtigungen verblieben sind.
10.3.4 Nach Entfernung eines malignen primären Lebertumors
ist in den
ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten;
GdS während
dieser Zeit
100
Nach Lebertransplantation
ist eine Heilungsbewährung abzuwarten
(im Allgemeinen zwei Jahre);
GdS während dieser Zeit
Danach selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Berücksichtigung
der erforderlichen Immunsuppression
10.3.5 Primäre biliäre Zirrhose, primäre sklerosierende Cholangitis
GdS ist je nach Aktivität und Verlauf analog zur chronischen Hepatitis oder
Leberzirrhose zu beurteilen.
Gallenblasen- und Gallenwegskrankheiten
(Steinleiden, chronisch rezidivierende Entzündungen)
mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten,
Entzündungen in Abständen von Jahren
mit häufigeren Koliken und Entzündungen sowie mit
Intervallbeschwerden
mit langanhaltenden Entzündungen oder mit
Komplikationen
Angeborene intra- und extrahepatische Transportstörungen der
Galle
(z.B. intra-, extrahepatische Gallengangsatresie), metabolische
Defekte (z.B. Meulengracht-Krankheit)
ohne Funktionsstörungen, ohne Beschwerden
mit Beschwerden (Koliken, Fettunverträglichkeit, Juckreiz),
ohne Leberzirrhose
mit Leberzirrhose
mit dekompensierter Leberzirrhose
60-100
Folgezustände sind zusätzlich zu bewerten.
Verlust der Gallenblase
ohne wesentliche Störungen
bei fortbestehenden Beschwerden wie bei Gallenwegskrankheiten
Nach Entfernung eines malignen Gallenblasen-, Gallenwegsoder
Papillentumors
ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung
abzuwarten;
GdS während dieser Zeit
bei Gallenblasen- und Gallenwegstumor
bei Papillentumor
10.3.4 Nach Entfernung eines malignen primären Lebertumors
ist in den
ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten;
GdS während
dieser Zeit
100
10.3.6 Chronische Krankheit der Bauchspeicheldrüse (exkretorische Funktion)
je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand, Häufigkeit und Ausmaß der
Schmerzen
ohne wesentlichen Beschwerden, keine Beeinträchtigung
des Kräfte- und Ernährungszustandes.
geringe bis erhebliche Beschwerden, geringe bis mäßige
Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes
20-40
starke Beschwerden, Fettstühle, deutliche bis ausgeprägte
Herabsetzung des Kräfte- und Ernährungszustandes
50-80
Nach teilweiser oder vollständiger Entfernung der Bauchspeicheldrüse sind ggf.
weitere Funktionsbeeinträchtigungen (z.B. bei Diabetes mellitus, Osteopathie,
oder infolge chronischer Entzündungen der Gallenwege, Magenteilentfernung und
Milzverlust) zusätzlich zu berücksichtigen.
Nach Entfernung eines malignen Bauchspeicheldrüsentumors
ist in den ersten fünf
Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten;
GdS während dieser Zeit.
Urteile
Pankreatitis
Bei einer Pankreatitis kann eine höhere Bewertung als mit 20 nur bei mehr als geringen Beschwerden und zumindest geringer Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes angenommen werden.
... Danach kann allenfalls ein GdB von 20 angenommen werden. Der Kläger war zwar in den Jahren 2009, 2011 und 2012 wegen einer Pankreatitis in stationärer Behandlung. Dabei waren die während des stationären Aufenthaltes im Februar 2009 (Krankenhauses St. E. und St. B. H.) durchgeführten Untersuchungen (Abdomensonografie, Abdomen-CT, Röntgen) allerdings unauffällig. Zudem waren die vom Kläger während der Begutachtungen im Rentenverfahren geschilderten Beschwerden widersprüchlich und können allenfalls als gering eingeordnet werden. So hat der Kläger gegenüber Dr. D. zweimal pro Woche auftretende, über fünf bis zehn Minuten anhaltende Schmerzen angegeben. Bei der Untersuchung durch Dr. F. hat der Kläger mitgeteilt, dass er keine wirklichen Schmerzen, jedoch ab und zu plötzliche krampfartige Beschwerden im Bereich der Bauchdecke links habe. Da die behandelnde Ärztin Dipl.-Med. G. am 2. November 2012 aber eine chronische Pankreatitis mit geringen bis erheblichen Beschwerden mitgeteilt hat, die auch in dem erhöhten Anstieg der Bauchspeicheldrüsenenzyme objektiviert wird, kann dafür maximal ein GdB von 20 angenommen werden. Eine höhere Bewertung kann aber nicht erfolgen, denn die von Dipl.-Med. G. mitgeteilte Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes lässt sich anhand der anderen medizinischen Unterlagen nicht nachvollziehen. Bei den Krankenhausaufenthalten des Klägers im Februar 2011 wegen einer akuten Pankreatitis wurde ein guter Allgemein- und normosomer Ernährungszustand festgestellt. Auch Dr. D. hat im Mai 2011 bei einer Größe des Klägers von 172 cm ein Gewicht von 81,9 kg und damit keine Beeinträchtigung des Ernährungszustandes aufzeigen können. Schließlich wurde bei dem Krankenhausaufenthalt des Klägers im Juni 2012 wegen eines akuten Schubs einer Pankreatitis wiederum ein normosomer Ernährungszustand dokumentiert, sodass der Bewertungsrahmen nicht weiter auszuschöpfen war.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat
10.07.2013
L 7 SB 52/12
Versorgungsmedizinische-Grundsätze.de
Das Portal für Schwerbehinderung und Schwerbehindertenausweis